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Wurzeln der Naturschutzbewegung
„Naturschutz“ ist ein Begriff, der heute jedem
geläufig ist. Woher stammt aber der Gedanke, die Natur
schützen zu wollen? Und welchen Stellenwert hat dabei
die Ausweisung von Schutzgebieten?
Ein Meilenstein der Naturschutzgeschichte ist die Gründung
des Yellowstone Nationalpark 1872 in den USA. In Amerika wollte
man besonders schöne, ursprünglich anmutende und
unberührte Naturgebiete erhalten und gleichzeitig dem
Menschen zugänglich machen.
In Europa waren es vor allem reaktionäre Kräfte
und ein romantisches Naturverständnis, die den Naturschutzgedanken
populär machten. Sie reagierten so auf die rasch fortschreitende
Industrialisierung und Urbanisierung, die sowohl die Umwelt
veränderte als auch soziale Spannungen nach sich zog.
Flüsse wurden reguliert, Moore trocken gelegt, Kohle
und Erz abgebaut. Verschmutzung und Zerstörung der Natur
wurden erstmals deutlich sichtbar. Im Gegenzug besann man
sich auf „alte Werte“ und sah in der bäuerlich
geprägten Kulturlandschaft den Idealzustand der Natur.
Die Betroffenheit über die Zerstörung von Naturschönheiten
und den drohenden Verlust von Heimat und Identität stand
am Beginn der Naturschutzbewegung hierzulande.
Es gab bereits sehr früh Schutzbestimmungen für
einzelne Naturgebilde, so ist zum Beispiel aus dem Jahr 1201
eine „Baumschutzverordnung“ aus Salzburg belegt.
Die große Zeit des Naturschutzes begann jedoch im 19.
Jahrhundert. Im Jahr 1903 ließ das „Ministerium
für Cultus und Unterricht“ ein Inventar der Naturdenkmäler
Österreichs anfertigen. 1904 wurde der „Bund Heimatschutz“
gegründet. Ziel dieses Vereins war es, Landschaften,
einzelne Naturerscheinungen, die vom Menschen als schön
wahrgenommen wurden, und besonders attraktive Arten, z. B.
Vögel, Orchideen, zu schützen. Bereits zu dieser
Zeit hatte die Bewegung des Natur- und Landschaftsschutzes
durch das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Nutzungsinteressen
gegen Widerstände, z. B. seitens der Industrie, anzukämpfen.
Naturdenkmäler und Landschaftsschutzgebiete sind uns
als Erbe dieser Bewegung bis heute erhalten. Parallel dazu
entwickelte sich die Naturschutzgesetzgebung. Die ersten Artenschutzbestimmungen
gab es in Österreich in Kärnten (1908) und in Salzburg
(1909) in Form von Sammelverboten für besondere Tier-
und Pflanzenarten. Niederösterreich erhielt als erstes
Bundesland ein Naturschutzgesetz (1924). Nun wurden nicht
mehr ausschließlich Einzelgebilde oder begrenzte Gebiete
geschützt. Der Naturschutz wurde in Richtung des Habitatschutzes
erweitert.
In Kärnten schließlich wurde 1918 europäische
Naturschutzgeschichte geschrieben: Der Villacher Holzindustrielle
Albert Wirth kaufte das Gebiet von Großglockner und
Pasterze. Er wollte es als „Naturschutzpark der Zukunft“
vor Zerstörung schützen. Heute ist das Gebiet ein
Kernstück des Nationalparks Hohe Tauern, des größten
Nationalparks im Alpenbogen.
Albert Wirths Vision ist heute aktueller als jemals zuvor
– der Natur Raum geben. Lebewesen, Ökosysteme und
Naturprozesse brauchen Räume, in denen sie sich ungestört
entwickeln können. Der Mensch wiederum braucht Räume,
in denen er Lebewesen, Ökosysteme und Naturprozesse erfahren,
erforschen und erleben kann. Schutzgebiete sind solche Räume
und Kärnten ist reich daran. Das hier vorgestellte Leitsystem
soll eine Übersicht über die Schutzgebiete des Bundeslandes
bieten.
Schutzgebiete - Räume für
Natur und Mensch
Die historische Entwicklung des Naturschutzes dokumentiert
zwei grundsätzliche Zugangsweisen bei der Ausweisung
von Schutzgebieten
- Einmal stehen der Mensch und seine Vorstellung von Natur
im Mittelpunkt der Betrachtungen. Vom Menschen als besonders
attraktiv empfundene Naturerscheinungen oder durch ihn geschaffene
Landschaften sollen geschützt und erhalten werden.
Als Weiterführung dieses Gedankens wird diese Art von
Schutzgebieten auch immer mehr zum Experimentierfeld und
zum Hoffnungsträger für partizipative Prozesse
und nachhaltige regionale Entwicklungen.
- Im Zentrum des zweiten Typs von Schutzgebietskategorien
steht die ökologische Bedeutung des jeweiligen Gebiets.
Der ganzheitliche Schutz eines Ökosystems, eines Habitats
oder einer Naturlandschaft soll der Bewahrung der Artenvielfalt,
dem Schutz gefährdeter Arten und seltener Lebensräume
und dem Aufrechterhalten von Ökosystemprozessen dienen.
Den Ausschlag für die Unterschutzstellung gibt hier
also nicht (primär) die Bedeutung des Schutzgebiets
für den Menschen.
Beide Zugänge haben ihre Berechtigung: Die letzten verbliebenen
Relikte naturnaher, ursprünglicher Landschaften und sensibler
Ökosystemen sollen ebenso erhalten und geschützt
werden wie die vom Menschen geprägte Kulturlandschaft,
die für Europa letztlich kennzeichnend ist. Generell
existiert im Naturschutz eine berechtigte und sinnvolle Vielfalt
unterschiedlichster Zielsetzungen nebeneinander. Sie schlägt
sich wiederum in einer großen Zahl verschiedener Schutzgebietskategorien
nieder. Die Inhalte und Bestimmungen der einzelnen Schutzgebietskategorien
sind so unterschiedlich wie die Gebiete und Naturerscheinungen,
die sie schützen.
Quellen:
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Isolierte Schutzgebiete, vernetzte Systeme, flächendeckender
Naturschutz? Stellenwert, Möglichkeiten und Probleme
verschiedener Naturschutzstrategien. – Natur und Landschaft,
67./9.: 419–424, Bonn.
Gepp, J. (2003):
Das Jahrhundert des Naturschutzes 1913 – 2003. 90 Jahre
mutiger Einsatz für eine zeitlose Vielfalt. – Natur
und Land, 89./3-4.: 2–8, Salzburg.
Kühnelt, W. (2002):
Die umweltethische Frage. Eine wirkungsgeschichtliche, sozialwissenschaftliche
und sozialethische Untersuchung. 303 S. – Universität
Wien, Wien.
Maier, F. (2002):
Hemmnisse und Erfolgsfaktoren in der Naturschutzarbeit. –
Österreichische Forstzeitung, 113./2.: 28–30, Wien.
Scherzinger, W. (1990):
Das Dynamik-Konzept im flächenhaften Naturschutz, Zieldiskussion
am Beispiel der Nationalpark-Idee. – Natur und Landschaft,
65./6.: 292–298, Bonn.
Tamm, J. (2003):
Wo stehen wir im Naturschutz? Nationalpark – Wildnis
Mensch Landschaft, 3./121.: 4–8, Grafenau.
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